Im frühen 17. Jahrhundert entwickelte sich in Italien mit dem Geistlichen Konzert eine neue Gattung der figuralen Kirchenmusik. Die großbesetzten Kompositionen waren so angelegt, dass mehrere vokal-instrumentale Klanggruppen wechselweise miteinander musizierten. Mitteldeutsche Musiker lernten diesen neuen Stil während zum Teil ausgedehnter Studienreisen kennen. In ihrer Heimat imitierten sie die neue Gattung, entwickelten sie weiter und wandten die neuen Kompositionsprinzipien auf deutsche Bibeltexte an. 

 
Heinrich Schütz, Kleine Geistliche Concerte. Zweiter Teil, Dresden 1639zoom

Der Dreißigjährige Krieg führte vielerorts zu großen Einschränkungen in der Kirchenmusikpflege. Heinrich Schütz' Kleine Geistliche Concerte tragen diesem Umstand Rechnung, indem sie die besonderen Aufführungsbedingungen klein besetzter Ensembles berücksichtigen. 

 

Bis zum Ende des 17. Jahrhundert hatte sich eine theatralisch-dramaturgische Kirchenmusik entwickelt, die theologisch aber hoch umstritten war. Dies lag vor allem an ihrer Nähe zur zeitgenössischen Oper, die große Teile der Geistlichkeit für moralisch bedenklich hielten. Dennoch setzte sich auch in den Kantaten und Oratorien das zeittypische Gattungspaar aus Rezitativ und Arie zunehmend durch. Die Bibelworte wurden dabei durch freie Dichtungen in Reimform ersetzt.

Oratorium

Originaltextdruck von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium (Bach-Archiv Leipzig)zoom
Originaltextdruck von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium (Bach-Archiv Leipzig)zoom
 

Das heute bekannteste Oratorium – Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium – ist eigentlich gar kein richtiges Oratorium. Die sechs Teile des Werkes wurden zum Jahreswechsel 1734/35 an verschiedenen Festtagen im Leipziger Gottesdienst anstelle von Kantaten aufgeführt.

Oratorien entstanden im 17. Jahrhundert in Italien losgelöst von der Kirchenmusik als geistliche Kompositionen für private Musikaufführungen. Eine ähnliche Entwicklung zeigt zunächst auch das deutschsprachige Oratorium. Es entstand im frühen 18. Jahrhundert als Passionsoratorium in Hamburg. Der biblische Text wurde hier durch freie Dichtungen ersetzt, was den Komponisten ganz neue Möglichkeiten für die Vertonung eröffnete. Die Aufführungen fanden außerhalb des Gottesdienstes in der Regel als Kirchenkonzert oder in Privathäusern statt.

Die Brockes-Passion

Barthold Heinrich Brockes (Kupferstich von Johann Jacob Haid nach einer Vorlage von Balthasar Denner, Augsburg 1742. Bach-Archiv Leipzig)zoom

Einer der verbreitetsten Oratorientexte des 18. Jahrhunderts ist die Passionsdichtung des Hamburger Schriftstellers und Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes. Die Brockes-Passion Der für die Sünden der Welt gemarterte und sterbende Jesus wurde 1712 erstmals von Reinhard Keiser in Hamburg vertont; weitere Kompositionen des Textes stammen von Telemann, Händel, Mattheson, Stölzel und Fasch.

J.S. Bach: "Himmelfahrtsoratorium"

Ein knappes halbes Jahr nach dem Weihnachtsoratorium komponierte Bach auch ein Himmelfahrtsoratorium, dessen zwei Teile wiederum im Gottesdienst – vor und nach der Predigt – erklangen. Hören Sie den ersten Satz Lobet Gott in seinen Reichen. Es musizieren das Collegium Vocale Leipzig und die Chursächsische Capelle Leipzig unter der Leitung von Michael Schönheit.

Damals und heute

Links: Eine barocke Kirchenmusikaufführung unter der Leitung des Kantors. Die Stadtpfeifer musizieren in doppelter Streicherbesetzung, davor stehen zwei Trompeter und ein Hornist, in der Bildmitte ein Pauker. Der Sängerchor im rechten Bildteil besteht aus Knaben für die hohen Sopran- und Altpartien und erwachsenen Männern für die tieferen Tenor- und Basslagen. 

Rechts: Der Dresdner Kammerchor und das Dresdner Barockorchester beim Heinrich-Schütz-Musikfest 2012 in der Frauenkirche in Dresden. Die heute gängige Praxis, Kirchenkonzerte vom Altarraum aus zu musizieren, gab es im 17. und 18. Jahrhundert nicht. Die Musik diente der Andacht – dabei war es für die Gemeinde nicht wichtig, die Musiker zu sehen. Diese standen auf den Chor- oder Orgelemporen, die sich meist im Hinterschiff der Kirchen befanden.

Geistliches Gesang-Buch, Leipzig 1710, Titelkupferzoom
Heinrich-Schütz-Musikfest 2012 (Foto: Mathias Marx)zoom
 

Erdmann Neumeister und die Kirchenkantate

Es waren einige wenige Pfarrer, die die Kantatentexte ihrer Zeit schufen – häufig in Form von Zyklen für die Sonn- und Festtage des ganzen Kirchenjahres. Der Weißenfelser Hofdiakon Erdmann Neumeister (1671–1756) beeinflusste die Entwicklung der Musiktexte am nachhaltigsten. 

 
Erdmann Neumeister (Kupferstich von Martin Bernigeroth nach einer Vorlage von Johann Salomon Wahl. Bach-Archiv Leipzig)zoom
 
Erdmann Neumeister, Geistliche Cantaten statt einer Kirchenmusik, Schleiz 1704 (Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg)zoom

Neumeisters Texte erfreuten sich großer Beliebtheit und erlebten zahlreiche Wiederauflagen. Hier ein Schleizer Druck von 1704, der zeigt, dass die modernen kirchenmusikalischen Entwicklungen nicht nur in den großen Zentren aufmerksam verfolgt wurden.

 

Erdmann Neumeister war einer der wichtigsten Dichter von Kirchenmusiktexten. Mit seinem Geistlichen Singen und Spielen lieferte er Texte – bestehend aus Arien, Rezitativen, Bibelworten und Kirchenliedern –, die das Muster der modernen Kirchenkantate des 18. Jahrhunderts werden sollten.

Tatsächlich hatte die Kantate ihren Ursprung jedoch in der weltlichen Kammermusik im Italien des 17. Jahrhunderts – und zwar als solistisches Gesangsstück. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts wurde der Begriff zunehmend zum Synonym für die vom Geistlichen Konzert geprägten Kompositionen des evangelischen Gottesdienstes.

Neumeisters Texte wurden zunächst von dem Weißenfelser Hofkapellmeister Johann Philipp Krieger vertont. Kurze Zeit später dienten sie auch Georg Philipp Telemann als Vorlage für sein frühes Kantatenschaffen.

Georg Philipp Telemanns "Harmonischer Gottesdienst"

Häufig vertonten die Komponisten ganze Jahrgänge von Kirchenkantaten. Die Verbreitung der Musikalien erfolgte in der Regel über handschriftliche Kopien. Eine teure und aufwendige Drucklegung von Kantatenkompositionen lohnte nur bei großer Nachfrage nach einem Werk – hier Georg Philipp Telemanns Harmonischer Gottesdienst (1725/26), der sich auch in Mitteldeutschland großer Beliebtheit erfreute. Das Werk folgt noch immer dem Formschema, das Neumeister ein Vierteljahrhundert zuvor entworfen hatte.

Georg Philipp Telemann, Harmonischer Gottesdienst, Hamburg 1725/26 (Königliche Bibliothek – Dänische Nationalbibliothek und Universitätsbibliothek Kopenhagen, Gieddes Collection)zoom
 

G.P. Telemann: "Fürchtet den Herrn"

Hören Sie die virtuose Arie Fürchtet den Herrn aus der Kantate Schmecket und sehet wie freundlich der Herr ist von Georg Philipp Telemann. Es singt die Sopranistin Maria Jonas unter Begleitung der Chursächsischen Capelle Leipzig.

 
Hintergrund Kompositionen

Der Choralgesang ist ein zentraler Bestandteil des lutherischen Gottesdienstes. Die Bestimmung der volkssprachlichen Lieder, die in den ersten Jahrzehnten nach der Reformation entstanden, lag aber nicht allein im liturgischen Gebrauch; vielmehr sollten sie der Verbreitung des evangelischen Glaubens dienen. Das Singen des protestantischen Liedgutes war – ebenso wie das Beten und das Lesen der Bibel – ein fester Teil der alltäglichen Frömmigkeit.

Liederbücher für Kirche und Hausgebrauch erschienen erst im Verlauf des 17. Jahrhunderts in größerer Zahl. In der Regel sang man auswendig – das lag auch an der hohen Analphabetenrate in der Bevölkerung.

 

Paul Gerhardts Haus- und Kirchenlieder

Paul Gerhardt, Geistreiche Hauß- und Kirchen Lieder, Wittenberg 1723 (Forschungsbibliothek Gotha)zoom
 

Eine der bekanntesten Sammlungen des 17. Jahrhunderts sind die 120 geistlichen Lieder des im sächsischen Gräfenhainichen geborenen Paul Gerhardt.

Die 1667 gedruckten Texte erlebten zahlreiche Wiederauflagen und dienten vielen Musikern als Kompositionsvorlage. Noch heute finden sich Gerhardts Liedtexte im evangelischen Gesangbuch.

 
 

Musikalische Hausandachten

Das Titelkupfer von Johann Rists Alltäglicher Hausmusik zeigt eine gebildete und wohlhabende Familie bei der musikalischen Andacht. Die Mutter und die beiden jüngeren Kinder singen aus Liederbüchern, der Vater und der älteste Sohn begleiten den Gesang mit Laute und Clavichord.

Johann Rist, Frommer und Gott-Seliger Christen Alltäglich Haus-Musik, Oder Musikalische Andachten, Lüneburg 1654, Titelkupfer (Forschungsbibliothek Gotha)zoom
 

Das Lied im Hallischer Pietismus

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstand mit dem Pietismus eine Frömmigkeitsbewegung, die für einen lebendigen Glauben eintrat. Zu den berühmtesten Vertretern gehört der Stifter des Hallischen Waisenhauses, August Hermann Franke. Sein Schüler und Nachfolger Johann Anastasius Freylinghausen veröffentlichte 1704 ein Gesangbuch, das das Liedgut der neuen Glaubensbewegung enthielt.

Die Ausgabe des Freylinghausenschen Gesangbuchs von 1741 bietet mit über 1500 Liedern eine Zusammenfassung aller seit 1704 erschienenen Teile. Das Titelkupfer zeigt am unteren Bildrand die Franckeschen Stiftungen.

Johann Anastasius Freylinghausen, Geistreiches Gesangbuch, Halle 1741 (Forschungsbibliothek Gotha)zoom
 
 

Die Oper war um 1600 in Norditalien aus der Idee heraus entstanden, das antike Drama wiederzubeleben – in einer Mischung aus solistischem und chorischem Gesang und verschiedenen Instrumentalstücken vermutete man damals das historische Vorbild. Der Dresdner Hofkapellmeister Heinrich Schütz hatte die neuen Entwicklungen während eines dreijährigen Studienaufenthaltes in Venedig kennengelernt. In seiner mitteldeutschen Heimat schrieb er 1627 anlässlich der Hochzeit der sächsischen Prinzessin Sophie Eleonore seine Dafne – eine „Sing-Comoedie“, die gemeinhin als erste deutsche Barockoper gilt.

 

Deutsche Barockoper

Auf der Leipziger Barockopernbühne erklangen hauptsächlich deutschsprachige Stücke. Zur Michaelismesse 1709 wurde hier die Lybische Talestris aufgeführt, die der Student und Orchestermusiker des Leipziger Opernhauses Johann David Heinichen komponiert hatte. Die Musik zu diesem Frühwerk des jungen Heinichen, der seit 1717 Hofkapellmeister bei August dem Starken in Dresden war, wurde erst kürzlich in den Beständen der Sing-Akademie zu Berlin wiederentdeckt.

Johann David Heinichen: "Die Lybische Talestris" (Librettodruck: Sächsische Landesbibliothek
– Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Autographe Partitur: Sing-Akademie
zu Berlin)zoom

Im Verlauf des 17. Jahrhunderts entwickelte sich an vielen mitteldeutschen Fürstenhöfen eine leistungsfähige deutsche Barockopernbühne. Während in Dresden hauptsächlich italienische Stücke aufgeführt wurden, waren die Höfe in Halle und Weißenfels bedeutende Zentren der frühen deutschen Opernpflege. Für das kostspielige Spektakel – als Teil einer auch ansonsten opulenten Hofhaltung – nahmen die Herzöge zum Teil hohe Schulden ihres Landes in Kauf.

Wenig einträglich war auch das erste öffentliche Opernhaus Mitteldeutschlands, das 1693 in Leipzig eröffnet hatte und wegen eklatanter Misswirtschaft 1720 schließen musste. Während der drei jährlichen Messen erklangen hier u.a. Opern des jungen Georg Philipp Telemann und des damaligen Thomaskantors Johann Kuhnau.

 

Das erste mitteldeutsche Opernhaus

Das 1664 unter Kurfürst Johann Georg II. erbaute Dresdner Komödienhaus war der erste feste Opernbau Mitteldeutschlands. Er wurde am 27. Januar 1666 mit der italienischen Oper Il Teseo eröffnet. Die Aufführung stand unter Leitung des Wiener Kapellmeisters Pietro Andrea Ziani. Nach 1707 diente das Gebäude zeitweilig als katholische Hofkirche, später als Ballhaus. Der Abriss erfolgte 1888.

Das Dresdner Komödienhaus von 1664 (Kupferstich. Wiedergabe nach der Abbildung bei Moritz Fürstenau, Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden, Band 1, Dresden 1861, nach S. 328)zoom
 

Italienische Barockoper

Ab den 1740er Jahren kamen regelmäßig italienische Operngesellschaften nach Leipzig und Dresden, die hier die neuesten Venezianischen Stücke aufführten. Die Sängerin Regina Mingotti war Mitglied eines solchen Ensembles und wurde bei einem ihrer Aufenthalte in Dresden vom Kurfürsten für seine Hofkapelle engagiert.

 
Regina Mingotti (Pastell auf Papier von Anton Raphael Mengs, um 1750. Staatliche Kunstsammlungen Dresden)zoom
 

Seit Beginn des 18. Jahrhunderts verlor die deutsche Barockoper mehr und mehr an Bedeutung. Verdrängt wurde sie von neuen italienischen Opern. Mitteldeutsche Komponisten waren aber auch in diesem Gattungsbereich bald tonangebend: Der aus Halle gebürtige Georg Friedrich Händel wurde mit seinen Londoner Werken ebenso zum Inbegriff der italienischen Oper wie der langjährige sächsische Hofkapellmeister Johann Adolf Hasse, der während seiner Dresdner Dienstjahre regelmäßig nach Italien reiste und auch dort seine Werke auf die Bühne brachte.

Gemein ist beiden Gattungsformen – der italienischen und der deutschen Barockoper – die Wahl von Stoffen, die historische Geschichten oder antike Mythen erzählen und sich inhaltlich in weiter Ferne von der barocken Lebenswirklichkeit bewegten.

 

J.A. Hasse: "Son qual misera colomba" (Cleofide)

Hasses erste Oper für den Dresdner Hof war die vielumjubelte Cleofide, deren Aufführung im September 1731 sich auch Johann Sebastian Bach nicht entgehen ließ. Hören Sie einen Ausschnitt aus der Arie Son qual misera colomba, die in der Uraufführung von Hasses Frau Faustina gesungen wurde. Hier singt das Stück Emma Kirkby; sie wird begleitet von der Capella Coloniensis unter der Leitung von William Christie.

 
Hintergrund Kompositionen

Die Formen barocker Instrumentalmusik waren so vielfältig wie die Orte ihrer Aufführung – viele Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens waren mit musikalischen Klängen durchdrungen, die zunehmend ihre Eigenständigkeit – auch gegenüber gesungenen Werken – behaupteten.

 

Virtuose Klavier- und Orgelkompositionen

Ausgehend von Johann Kuhnaus 1689 veröffentlichter Sammlung wurde der Titel Clavier-Übung vor allem in Mitteldeutschland bald zum Inbegriff anspruchsvoller Klavierliteratur. Hier verwendeten ihn neben Kuhnau auch Johann Krieger in Zittau, Johann Sebastian Bach in Leipzig, Johann Ludwig Krebs in Zwickau und Georg Andreas Sorge in Lobenstein.

Johann Kuhnau, Neue Clavier-Ubung, Leipzig 1689 (Koloriertes Titelkupfer. Bach-Archiv Leipzig)zoom

War es zunächst die Aufgabe der protestantischen Organisten gewesen, den Gemeindegesang zu intonieren, so entwickelten diese Musiker im Verlauf des 17. Jahrhunderts ein künstlerisches Selbstverständnis, in dessen Zuge ein kunstvolles und klangprächtiges Repertoire entstand, dessen Aufführung nur noch den herausragendsten Spielern vorbehalten war. Die funktionale Bedeutung für den Gottesdienstes wurde bei diesen Kompositionen zunehmend ausgeblendet.

Die gleiche Virtuosität findet sich in den zeitgenössischen Klavierwerken, die häufig auch im Druck erschienen und so eine ganz andere Verbreitung erfahren konnten. Die herausragenden mitteldeutschen Meister waren in beiden Gattungen die gleichen: Johann Pachelbel, Johann Christoph Bach, Johann Kuhnau und Johann Sebastian Bach.

 

Das Klavierbuch einer Zerbster Prinzessin

Im Besitz der Weimarer Anna Amalia Bibliothek befindet sich dieses Klavierbuch, das in der zeitgenössischen Tabulaturnotation verfasst ist. Es gehörte einst der Zerbster Prinzessin Sophia Augusta, die 1685 mit dem Weimarer Herzog Ernst August vermählt wurde. Das Manuskript vereint Werke beider Regionen: Das Stück Sey willkommen Anhalts Lust trägt Zerbster Lokalkolorit, während sich gegen Ende des Büchleins autographe Kompositionen des Weimarer Hoforganisten Johann Effler finden.

Klavierbuch der Zerbster Prinzessin Sophia Augusta (Klassik Stiftung Weimar. Herzogin Anna Amalia Bibliothek)zoom
 

Das Konzert

Das Konzert, das uns heute ganz selbstverständlich als instrumentale Gattung gilt, hat sich erst im 17. Jahrhundert von seinen Wurzeln in der mehrchörigen vokalen Kirchenmusik emanzipiert. Die verschiedenen Klanggruppen, die sich im Konzert gegenüberstehen, sind in den Concerti grossi noch sehr gut zu erkennen. 

Solokonzerte, in denen ein einzelner Musiker mit einem ganzen Orchester interagiert, entstanden zunächst als Violinkonzerte durch Antonio Vivaldi in Italien. Der Dresdner Konzertmeister Johann Georg Pisendel lernte dessen Kompositionen während einer Studienreise nach Venedig kennen und brachte den neuen Konzertstil nach Mitteldeutschland. In Köthen übertrug Johann Sebastian Bach die Gattung um 1720 auch auf das Cembalo und gilt damit als wichtigster Wegbereiter des Klavierkonzerts.

 

Tanzmusik

 
Johann Herrmann Schein, Banchetto musicale, Leipzig 1617 (Universitätsbibliothek Kassel –
Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel)zoom

Die bis zum 16. Jahrhundert in Europa entstandenen landestypischen Tänze wurden zunehmend von ihrem geselligen Charakter gelöst und entwickelten sich seit dem frühen 17. Jahrhundert zu Organisationsprinzipien barocker Instrumentalmusik. Die Suite ist eine Abfolge solcher Tanzsätze, die als Formmodell für die verschiedensten – solistischen und orchestralen – Kompositionen diente. Mit Johann Herrmann Scheins Banchetto musicale ist 1617 in Leipzig eine der frühesten Suitensammlung überhaupt erschienen.

 

Vorformen der Suite waren die im 16. Jahrhundert verbreiteten Kombinationen von Pavane (ein Schreittanz) und Gaillarde (ein Springtanz). Johann Ghro – Hofmusiker auf Schloss Weesenstein im Osterzgebirge – veröffentlichte 1604 eine Sammlung mit Dreißig neuen auserlesenen Padouanen und Galliarden.

Hören Sie einen Ausschnitt aus seiner Sammlung. Es musiziert das Bläser Collegium Leipzig und das Ensemble Alte Musik Dresden unter der Leitung von Ludger Rémy.

 
 
Hintergrund Kompositionen